AutorIn: Thomas Jelinek
Publiziert von: 19527Thomas Jelinek
factID: 1229333.1 Publiziert am 26 Aug. 2008; 22:58
NEUE ZEIT
Den Worten nachgespürt
[...]
Blau ist ein Stück Grenzerfahrung auf dem schmalen Pfad zwischen Leben und Tod, die Geschichte von Angst,
Schmerz, Versöhnung, Erinnerung und das Wissen darum, dass es mehr gibt, als das Auge trifft.
Der Schauspieler Harald Jokesch und der Regisseur Thomas Jelinek haben in der Tonspur des Films
einen Theatertext entdeckt und brachten ihn im Theater im Konzerthaus zur deutschsprachigen Erstaufführung.
Herausgekommen ist dabei ein berührender Theaterabend, in dem mit minimalistischen Mitteln
und hoher Konzentration Derek Jarmans Monolog zu schmerzhafter Schönheit aufblüht.
[...]
Mit Nebenwirkungen ist bei einem Besuch zu rechnen, denn das Bild des Mannes auf der leeren Bühne
bleibt im Gedächtnis haften wie auch der Text.
Möglich, dass der erste Schritt nach draußen in das nächtliche Treiben auf der Straße ein anderes ist als sonst
und man ein Geschenk mitbekommt: das der Fähigkeit, die Kostbarkeit des Lebens bewusster wahrzunehmen.
Annemarie Klinger / Neue Zeit
Wiener Zeitung
Die Farbe der Finsternis
Manchmal verlässt man ein Theater mit dem Gefühl, daß es wichtig war, hier gewesen zu sein.
Blau vom Briten Derek Jarman ist so ein Fall. Es geschieht etwas mit dem Bewußtsein, und zwar
ganz unmittelbar. Mit denkbar schlichten Mitteln.
[...]
Alle Eindrücke tauchen in ein undefinierbares Blau. Dieses Blau ist sichtbar gemachte Finsternis,
während sich das Gesichtsfeld verengt, sich der Himmel schwärzt.
Die Regie (Thomas Jelinek, Harald Jokesch) drückt nicht auf die Tränendrüse,
es geht nicht um Einschaltziffern, sondern um Essentielles: Die Würde eines Menschen
angesichts des Todes. Ebenso treffsicher wie einst Thomas Bernhard formulierte,
dass angesichts des Todes alles lächerlich erscheint, ebenso umsichtig die Darstellung
von Harald Jokesch.
Er schwimmt in einem Chaos der Bilderflut und bleibt trotzdem fest verankert mit einem Leben,
das ganz unmittelbar an ein neues Bewusstsein angrenzt und gerade deshalb letzteres bewegt.
Christine Dobretsberger / Wiener Zeitung
Neues Deutschland
Tiefes Blau im Tacheles
[...] Im Theatersaal war jetzt gutes Monologtheater zu sehen, das einen mächtigen Raum
und Publikum zu verzaubern vermag, ohne alle sowieso lächerlichen Bilder zu stürmen.
Thomas Jelinek (Regie) und Harald Jokesch (Regie, Spiel) führten das
mit ihrer äußerst intensiven Derek Jarman Adaption Blau vor.
Ein Fernseher zeigt Blau, Kindheitsmuster flimmern auf Super8 über die hintere Bühnenwand.
Jokesch sitzt davor im Stuhl, eingefangen in der eigenen Krankheit, im Sterben; Aids.
Zuerst verschwindet dabei der Körper. Er funktioniert nicht mehr, verliert seine Sinne.
Der Körper findet sich auf die Vorstellung von ihm zurückgeworfen. Doch das erscheint
Hier nicht als Verlust. Das ist eine Reise an einen unentdeckten Ort.
Es ist schön, und Schönheit ist oft traurig.
Jokesch überlässt sich ganz der Partitur des Textes. Sein wundervolles Mienenspiel, seine
Augen brennen sich in die Sinne der Zuschauer. Die Tränen steigen in einem auf, ohne dass
Man sich trauen würde, sie in den Sitzreihen zu vergießen.
Das war Theater. Nur leider so kurz zu sehen.
Mario Stumpfe / Neues Deutschland
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Blau : die Farbe der Gedanken
Dunkelheit. Stille. Blau. Ein karges Bühnenbild und ernste Worte.
Als der britische Regisseur Derek Jarman 1994 an den Folgen von Aids starb,
hinterließ er de Nachwelt ein poetisches Denkmal.
Der Wiener Schauspieler Harald Jokesch und Regisseur Thomas Jelinek haben Jarmans Film
als Theaterstück adaptiert.
[...]
Im Theater Blau findet sich der Zuschauer nicht mehr selbst in der Person des Blinden wieder
sondern sitzt dem Unsichtbaren gegenüber. Das macht nicht weniger betroffen nur anders.
Geblieben sind erschreckende Momente lauter Geräusche un Jarmans Worte
voll unbestechlicher Grausamkeit und sanfter Poesie.
Blau ist sichtbar gemachte Finsternis, heißt es da: Wenn man mit den Ohren zu sehen beginnt. Boom.
Volksstimme
Blau zieht weiter
Es gibt wenige Produktionen an Wiener Theatern deren Auslaufen man ehrlich bedauert.
So geschehen am 7. November als die deutschsprachige Theatererstaufführung von Derek Jarmans
Blau nach nur zweiwöchiger Spielzeit zum vorläufig letzten Mal über die Bühne ging.
[...]
Harald Jokesch und Thomas Jelinek entwickelten eine Bühnenfassung
die den großen Vorbildern und Vorlagen um nichts nachsteht. [...]
Christina Braun / Volksstimme